Unternehmensdilemma: gelebte Ambivalenz zwischen Personalauf-/und abbau

Unser Thema am People Thursday, dem 7. Dezember 2023: 


 

Die Spannbreite an Ambivalenzen, die die österreichische Unternehmenslandschaft derzeit prägen, ist groß: technologischer Fortschritt versus Arbeitsplatzsicherheit, wettbewerbsfähige Preisgestaltung versus sinkende Margen oder auch Datenschutz versus Technologie - diese Liste lässt sich lange fortsetzen. Zudem verschärft das gegenwärtige, makroökonomische Umfeld mit den steigenden Personalkosten und dem Fachkräftemangel die Spannung zwischen organisatorischer Effizienz und Mitarbeiter:innenbindung. In diesem Spannungsfeld operiert die Personalabteilung häufig am offenen Herzen und gerät somit stark unter Druck. Um dieses Dilemma zu bewältigen und die organisatorische Wirksamkeit sicherzustellen, müssen folgende 3 Kernelemente auf Ihre HR-Agenda:

  • Reduktion administrativer, repetitiver und digitalisierbarer Schritte
  • Bereinigung des Leistungsportfolios durch Konzentration auf die wesentlichen Leistungsbereiche
  • Optimierung des Personaleinsatzes durch Evaluierung der Aufgabenverteilung und der Digitalisierungspotenziale

Aufgrund der demografischen Entwicklung ergibt sich in den nächsten Jahren in vielen Organisationen ein deutlicher Personalabbau. Einerseits entsteht eine große Herausforderung, andererseits die Chance, die genannten 3 Kernelemente der Organisationseffizienz voranzutreiben und jede Nachbesetzung mit fundierter Vorbereitung zu überdenken. Pensionsantritte können berechnet und gezielt pro Organisationseinheit vorbereitet werden. Eine Analyse der Leistungsbeiträge und der Prozessschritte leistet dabei einen wesentlichen Beitrag. Gemeinsam mit den Fachbereichen können mit ausreichender Vorlaufzeit Veränderungen im Aufgabenzuschnitt sowie in der Aufgabenabwicklung erarbeitet und zu digitalisierende Prozessschritte mit IT-Unterstützung vorbereitet werden. So wird in vielen Fällen eine 1:1-Nachbesetzung ersetzt durch ein neues Jobprofil, das mithilfe von Um- und Weiterschulungen intern besetzt oder über gezieltes Recruiting akquiriert wird.

Trotz intensiver Optimierung und proaktivem Personalmanagement wird es notwendigen Personalabbau auch in Zukunft geben. Innovative Lösungen für potenzielle, bestehende und verabschiedete Arbeitnehmende müssen gefunden werden. Nicht zuletzt, da jeder zweite Arbeitnehmende wechselwillig ist, muss der Spagat zwischen attraktiven Recruiting-Kampagnen, unternehmensinternen Bindungsprogrammen und einem zeitgemäß gestalteten Trennungsmanagement gemeistert werden. Der Austrittsprozess - als wichtiger Bestandteil der Employee Experience - wird oftmals nur wenig später zum (Wieder-)Eintrittsprozess. Ehemalige Mitarbeiter:innen tragen ein hohes Potenzial in sich. Sie sind Botschafter:innen, die zum Unternehmensimage beitragen, „Auskunftgeber:innen“ für potenzielle Kandidat:innen sowie oftmals neue „Kund:innen“ und häufiger denn je auch „Rückkehrer:innen“. Boomerang Hiring liegt derzeit voll im Trend. Mehr als ein Drittel der Unternehmen kann sich vorstellen, ehemalige Mitarbeiter:innen wieder einzustellen[2] - Tendenz steigend.

Die sich durch die neue Arbeitswelt ergebenden Änderungen im Offboarding Prozess erfordern nicht nur eine Weiterentwicklung des bisherigen Trennungsmanagements, sondern auch einen komplexen Wandlungsbedarf der Trennungskultur. Professionelles Trennungsmanagement senkt die Kosten und steigert das Unternehmensimage. Eine etablierte Trennungskultur zahlt somit direkt auf die interne Mitarbeiter:innenzufriedenheit und deren mentale Gesundheit ein.

In einer aktuellen Studie gaben 33% aller befragten Unternehmen an, dass sie zwar über eine klar definierte Trennungsstrategie verfügen, allerdings fehlen bei 74% aller Befragten immer noch klare Strukturen, Führungsvorgaben und Prozesse. Es besteht sowohl große Unklarheit über die Rolle des Managements im Trennungsprozess als auch über die positive Gestaltung der Trennung. Die größte Herausforderung bleibt die adäquate, zielgruppengerechte Kommunikation mit den Betroffenen. Das Dilemma: Nur rund ein Drittel der Führungskräfte erhalten Trennungsgesprächstrainings. Doch gerade der Umgang mit scheidenden Mitarbeiter:innen spiegelt ganz unverfälscht die allgemeine Führungs- und Feedbackkultur wider. Das beeinflusst nicht nur das Unternehmensbild der Verabschiedeten, sondern auch maßgeblich das Vertrauen und die erlebte psychologische Sicherheit der verbleibenden Belegschaft.

Um teure und nervenaufreibende Konflikte sowie verdeckte Kostenfallen zu vermeiden, muss Trennungsmanagement in seinen jeweiligen Phasen gut durchdacht sein: von der Entscheidung des Personalabbaus, über die Vorbereitung und Planung der internen Kommunikationsstrategie bis hin zur Konkretisierung der notwendigen Schritte und der individuellen Gesprächsführung mit den Betroffenen. Auch die Neuausrichtung nach dem Personalabbau gehört dazu. Unterschätzen Sie nicht die immensen Reparaturkosten eines unbedachten Personalabbaus (sowohl organisatorisch als auch psychisch). Materielle Kosten wie Sozialplan- und Fluktuationskosten sind sichtbar, direkt quantifizierbar und treten kurzfristig auf. Immaterielle Kosten wie die Belastung des Betriebsklimas, Know-how–Verlust und Imageschaden durch negatives Word of Mouth sind meist unsichtbar, nur eingeschränkt messbar und erst langfristig spürbar. Einsparungseffekte werden oft durch negative Folgewirkungen absorbiert. Berücksichtigen Sie diese daher unbedingt in Ihrer Gesamtkalkulation.

 

Wie können Sie den Trennungsprozess bestmöglich und zeitgemäß gestalten? 

Trennung ist Kulturarbeit

Trennungskultur spiegelt sich nicht nur in den Abschiedsgesprächen wider, sondern ist die Summe aller Prozesse, Regeln und Maßnahmen, die Trennungen (Personalabbau und Kündigungen) sowie Veränderungen (Versetzungen) in Unternehmen fair und professionell gestalten.

Trennungsprozess kontinuierlich optimieren

Eine Standardisierung des Trennungsprozesses sichert allen Beteiligten im Zeitverlauf die gleiche Qualität und Unterstützung zu. Dazu braucht es umfassende Schulungen aller Trennungsbeteiligten sowie regelmäßige Feedback- und Reflexionsschleifen. So wird der Prozess nicht nur verbessert, sondern aktiv in der Kultur verankert. 

New Placement-Beratung anbieten

Bei Trennungen – egal ob gewünscht oder notwendig – sind Wertschätzung und zielgerichtete Unterstützung der einzelnen Mitarbeiter:innen in ihrer weiteren Karrieregestaltung essenziell. Das Angebot von Out/New Placement Beratungen hilft, damit sich scheidende Mitarbeiter:innen gesehen, gehört und wertgeschätzt fühlen. So bleibt das Unternehmen in guter Erinnerung und wird nach einiger Zeit vielleicht sogar wieder als potenzielle:r Arbeitgeber:in in Betracht gezogen. 

Zielgruppengerechte Kommunikation

Als kritischer Erfolgsfaktor für einen gelungenen Trennungsprozess gilt die Umsetzung von transparenten Informationen und einer zielgruppengerechten Kommunikation. Um Produktivitäts- und Vertrauensverlust, Widerstände, Krankenstände und Mitarbeiter:innenkündigungen zu vermeiden, braucht es den Gegenpol in Form von sozialer Verbundenheit, dem Gefühl von Gemeinschaft und emotionalem Zusammenhalt sowie psychologischer Sicherheit. Ein konstruktiver Umgang mit Emotionen fördert Zusammenarbeit und Commitment, erhält Leistungsfähigkeit und Produktivität und erleichtert so allen Beteiligten den Umgang mit der Trennung.

 


 

Autor:innen & Ansprechpersonen:

Kerstin Tomancok

kerstin.tomancok@bdo.at
+43 5 70 375 - 1384
 

 


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