Inflations- und Zinsentwicklung in Österreich

„Obwohl viele Volkswirte eine rasche Erholung der Wirtschaft bei sinkenden Corona-Zahlen und den dadurch ermöglichten Lockerungen prognostiziert hatten, überraschte das erratische Anspringen der Nachfrage, die Knappheit vieler Güter und die dadurch bedingten Preissteigerungen. In vielen europäischen Staaten liegt die Inflation infolgedessen zu Herbstbeginn schon deutlich über dem angepeilten Ziel von 2%“, fasst Michael Grahammer die Situation zusammen.

„Einige Wirtschaftsforscher vertreten die These, dass sich die Preise wieder stabilisieren und sich die Inflationsrate in Österreich 2021 bei 2-2,2% (in der EU evtl. leicht darüber) einpendeln wird. Für 2022 wird ein Rückgang erwartet. Ich persönlich halte einen nachhaltigen Anstieg in Österreich für denkbar“, betont der Finanzexperte. Denn die Preissteigerungen bewegen sich in vielen Bereichen weit jenseits der 2%. Z.B. verteuerten sich Baukosten allein bis Juni 2021 gegenüber dem Vorjahr um 12%, Erzeugerpreise stiegen um 7%, die Großhandelspreise um fast 11%. Darüber hinaus verzeichnen viele Branchen eine historisch hohe Nachfrage und Auslastung, die noch über Monate hinweg anhalten dürfte. Auf die Verbraucherpreise dürften sich die gestiegenen Kosten erst im Zuge der jährlichen Preisgespräche (z.B. bei Lebensmittelpreisen) auswirken, sodass die Verteuerung hier verzögert eintritt. Ähnliches gilt für Neuvergaben im Baubereich und ihre Folgen für die Immobilienpreise. Im Übrigen ist auch bei der Nachfrage nach Wohnimmobilien keine Normalisierung zu erwarten, solange das Zinsumfeld unverändert bleibt und die Bankenaufsicht keine regulatorischen Verschärfungen bzw. der Fiskus keine Besteuerung auf Immobilienvermögen beschließt. „Aus meiner Sicht spricht vieles dafür, dass die Preise zumindest über die nächsten zwei Jahre deutlich stärker steigen werden als die aktuellen Prognosen dies erwarten lassen“, betont Michael Grahammer.

Was bedeutet das für die Zinsen? „Nun, am langen Ende hat sich das Zinsniveau bereits deutlich von den Tiefstständen nach oben bewegt“, so Michael Grahammer. Während der 10-Jahres-EUR-Swap vor sechs Monaten bei ca. -0,3% p.a. lag, notiert er heute bei -0,059% p.a. – somit um ca. 25 Basispunkte höher. Demgegenüber hat sich der 3-Monats-EURIBOR im selben Zeitraum kaum verändert und liegt aktuell bei ca. -0,54% p.a. Daran dürfte sich auch kurzfristig wenig ändern, zumal Preiseffekte in Österreich keinen Einfluss auf das europäische Zinsumfeld haben. Sollte hingegen die Überhitzung der Immobilienmärkte weiter ansteigen und die Inflation in Europa nachhaltig und deutlich über 2% liegen, wird sich zeigen, ob die EZB nicht gezwungen sein wird, ein Ende der Anleihenkäufe und eine Normalisierung der Zinsen zumindest in Aussicht zu stellen. „Ab diesem Zeitpunkt ist mit deutlich höheren Renditen und Zinsen zu rechnen. Daher empfehlen wir unseren Kundinnen und Kunden, die eigenen Zinskonditionen bereits heute kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls das noch günstige Zinsniveau für langfristige Absicherungen zu nützen“, schließt Michael Grahammer.