VwGH Zur Zulässigkeit der Bildung einer Schwestergruppe

Erst kürzlich hat sich der VwGH zur Bildung einer Schwestergruppe mit ausländischem Gruppenträger geäußert (27.3.2024, Ro 2023/13/0018). Dabei wurde § 9 Abs. 3 TS 4 KStG im Lichte der Niederlassungsfreiheit näher beleuchtet und als unionsrechtswidrig qualifiziert.

Sachverhalt

 Die BB GmbH mit Sitz in Deutschland verfügt in Österreich weder über eine Zweigniederlassung noch über eine Betriebsstätte und ist entsprechend in Österreich beschränkt steuerpflichtig. Sie ist an der B GmbH und der BE GmbH, zwei in Österreich unbeschränkt steuerpflichte Gesellschaften, zu 100% bzw. 99,8% beteiligt. 



Die BB GmbH beantragte die Feststellung der Unternehmensgruppe gem. § 9 Abs. 8 KStG, um eine Ergebnisverrechnung zwischen der B GmbH und BE GmbH vornehmen zu können. 
Um als Gruppenträger fungieren zu können, muss eine in Österreich beschränkt steuerpflichtige EU/EWR-Gesellschaft gemäß § 9 Abs. 3 TS 4 KStG über eine im österreichischen Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung verfügen. Zusätzlich müssen die Beteiligungen an den österreichischen Gruppenmitgliedern dieser Zweigniederlassung zugerechnet werden können.

Urteil

Der VwGH hat diese Regelung nun im Lichte der Niederlassungsfreiheit als unionsrechtswidrig eingestuft. § 9 Abs. 3 TS 4 KStG benachteiligt grenzüberschreitende Sachverhalte gegenüber rein innerstaatlichen Sachverhalten, weshalb eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegt. Entgegen der Vorgehensweise des BFG wies der VwGH im vorliegenden Fall die Gruppenträgerfunktion jedoch nicht einer der österreichischen Tochtergesellschaften zu. Die Eigenschaft des Gruppenträgers könne vielmehr nur der ausländischen Muttergesellschaft zukommen. Eine Vermischung der Gruppenmitglieds- und Gruppenträgerfunktion hat zu unterbleiben.
Durch eine geltungserhaltende Reduktion kann den unionsrechtlichen Vorgaben dadurch entsprochen werden, dass die ausländische Muttergesellschaft (BB GmbH) als Gruppenträger festgestellt wird und die beiden inländischen Tochtergesellschaften (B GmbH und BE GmbH) hinsichtlich der Zusammenrechnung der Ergebnisse der Gruppenmitglieder wie österreichische Betriebsstätten des Gruppenträgers behandelt werden. Die Besteuerung des Gruppenergebnisses hat folglich beim Gruppenträger zu erfolgen, wobei das Besteuerungsrecht des Gruppengesamtergebnisses Österreich zusteht. Verlustüberhänge aus dem Gesamtergebnis der Gruppenmitglieder stellen dabei einen vortragsfähigen Verlust des ausländischen Gruppenträgers dar.

Fazit

Die Voraussetzung des § 9 Abs. 3 TS 4 KStG, wonach eine EU/EWR-Gesellschaft über eine inländische Zweigniederlassung verfügen muss, um Gruppenträger einer österreichischen Unternehmensgruppe sein zu können, widerspricht der Niederlassungsfreiheit. Um den unionsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen, ist die beschränkt steuerpflichtige deutsche Muttergesellschaft als Gruppenträger festzustellen. Die beiden inländischen Tochtergesellschaften der BB GmbH sind steuerlich (für die Ergebnisverrechnung) als fiktive Betriebsstätten des Gruppenträgers zu behandeln. 
In der Praxis würde dieses Ergebnis eine steuerliche Registrierung des Gruppenträgers im Inland erfordern. Wie der VwGH hinsichtlich komplexerer Strukturen mit mehreren Gruppenmitgliedern, abweichenden Wirtschaftsjahren sowie vermögensverwaltenden Gruppenmitgliedern umgehen würde, bleibt jedoch offen. Unklar bleiben ebenfalls die konkreten verfahrensrechtlichen Implikationen sowie die technische Umsetzung/Erfassung derartiger Konstellationen. 

In diesem Zusammenhang sind wohl weitere legistische Änderungen des § 9 KStG in naher Zukunft zu erwarten – wir halten Sie bezüglich etwaiger gesetzlicher Neuerungen auf dem Laufenden!
 


Autorin:

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