OGH: Mietzinsbefreiung wegen pandemiebedingtem Betretungsverbot[1]:
Der OGH hat sich erstmals seit Beginn der Pandemie zur Frage der Mietzinsminderung in Folge eines behördlichen Betretungsverbots geäußert. Im gegenständlichen Fall wurde einem Sonnenstudiobetreiber eine Mietzinsminderung auf null wegen des behördlichen Betretungsverbots zugestanden. Der OGH hat in seiner Entscheidung jedoch nur eindeutig festgehalten, dass es sich bei Covid-19 um eine Seuche im Sinne des § 1104 ABGB handelt und nur die vollständige Unbrauchbarkeit des Bestandsobjekts (im gegenständlichen Fall wurde eine auch nur teilweise Nutzung verneint) einen Entfall des Mietzinses bewirkt. Keinen Aufschluss gibt dieses Judikat über die Frage, wie bei einer teilweisen Nutzung (z.B. Take Away oder Click & Collect) vorzugehen ist. Ebenfalls wurde keine Aussage darüber getroffen, ob der Mieter Corona-Hilfsmaßnahmen (wie z.B. Fixkostenzuschuss) zu beantragen hat und in Folge einer Genehmigung an den Vermieter weiterreichen muss. Es bleibt daher spannend, ob und wie der OGH in weiteren Entscheidungen auf diese offenen Fragen eingehen wird.
VwGH: Voller Progressionsvorbehalt bei teilweiser steuerfreier deutscher Pension[2]:
Im gegenständlichen Fall wurden deutsche Pensionseinkünfte, die in Deutschland teilweise steuerfrei gestellt sind, zur Gänze in den Progressionsvorbehalt eingerechnet. Der VwGH begründet dies damit, dass die deutsche Pension der inländischen gesetzlichen Pension entspricht und somit alle Beiträge zu dieser Pension in voller Höhe einkommensmindernd berücksichtigt werden hätten können. Es kommt jedoch nicht darauf an, ob die Beträge in den Jahren der Beitragszahlung auch tatsächlich einkommensmindernd geltend gemacht wurden.
VwGH: Wann ist ein Wohnsitz i.S.d. BAO begründet?[3]
Ein Wohnsitz im Sinne der BAO wird nur dann begründet, wenn dieser neben der Innehabung (rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, über das Objekt zu verfügen und es für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können) auch tatsächlich benützt wird. Wird (wie im gegenständlichen Fall) ein Haus angeschafft und tatsächlich nie zu Wohnzwecken genutzt, so begründet dies keinen Wohnsitz i.S.d. BAO.
VwGH: Unternehmereigenschaft beim Verkauf von Privatvermögen[4]:
In dieser Entscheidung ging der VwGH von seiner bisherigen Ansicht ab, dass hauptsächlich die Häufigkeit von Rechtsgeschäften eine Unternehmereigenschaft begründen kann. Vielmehr muss nun der Verkäufer dem typischen Bild eines Händlers gleichkommen, damit eine Unternehmerschaft bejaht werden kann. Liegt wie im vorliegenden Fall die einzige Verkaufstätigkeit darin, eine erhebliche Anzahl an Privatgegenständen (hier Antiquitäten) an einen Kommissionär zu übergeben, der mit der Verwertung betraut wurde, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Unternehmereigenschaft vorliegt (und somit auch keine Umsatzsteuer anfällt). Hat die oder der Steuerpflichtige jedoch die Antiquitäten nur zum Zweck der späteren Weiterveräußerung angeschafft, so könnte dies anders beurteilt werden.
VwGH: Entschädigungen für Wertminderungen von Betriebsgrundstücken[5]:
Wird beispielsweise von einer Versicherung eine Entschädigung für eine außergewöhnliche Wertminderung eines Betriebsgrundstücks geleistet (hier Totalschaden aufgrund eines Brands), so ist diese Entschädigung, um den Buchwert zu vermindern und der Restbetrag mit dem begünstigten Steuersatz von 30% (Immobilienertragsteuer) der Besteuerung zu unterwerfen. Zu dieser Rechtsmeinung gelangt der VwGH in der vorliegenden Entscheidung aufgrund der Erläuterungen zum 1. StabG 2012 (Einführung der Immobilienertragsteuer), da die Immobilienertragsteuer geschaffen wurde, um die Aufdeckung von stillen Reserven bei Grundstücken abzufedern. Eine gleiche Entschädigung für Grundstücke im Privatvermögen löst hingegen überhaupt keine Steuerpflicht aus.
VwGH: Neue mildere Strafregelungen bei Lohn- und Sozialdumping[6]
Mit 1.9.2021 trat die Neufassung LSD-BG[7] in Kraft. In dieser Neufassung sieht der Gesetzgeber vor, dass für Verstöße gegen Meldepflichten, die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen und für Unterentlohnung nur noch eine Geldstrafe zu verhängen ist - unabhängig von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Mindeststrafen sind nicht mehr vorgesehen. In den vorliegenden Entscheidungen hat der VwGH festgehalten, dass alle bisher anhängigen Verfahren nach den neuen Strafbestimmungen zu lösen sind. Auch ältere Fälle, die von den Gerichten mit der alten Rechtslage (nach den Bestimmungen des AVRAG) beurteilt wurden, sind nun nach den neuen Strafbestimmungen des LSD-BG (mittels Analogie) zu entscheiden.
[1] OGH 21.10.2021, 3 Ob 78/21y.
[2] VwGH Ra 2020/15/0132, vom 2.6.2021.
[3] VwGH Ra 2021/13/0080, vom 21.7.2021.
[4] VwGH Ro 2019/15/0180, vom 30.6.2021.
[5] VwGH Ra 2020/15/0003, vom 22.9.2021.
[6] VwGH Ra 2021/11/0033, 0034 vom 12.10.2021 und VwGH Ra 2019/11/0015, 0016 vom 12.10.2021.
[7] BGBl I Nr. 174/2021.
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