Aktuelle Höchstgerichtliche Entscheidungen

VwGH: Laufende Zahlungen in den Reparaturfonds nicht sofort abzugsfähig1):

Im vorliegenden Fall hat sich der VwGH erstmals dazu geäußert, ob Beiträge zur Instandhaltungsrücklage im Jahr der Zahlung als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu werten sind, da mit der Zahlung in die Instandhaltungsrücklage die Verfügungsgewalt über dieses Vermögen auf die Wohnungseigentumsgemeinschaft übergeht. Der:die einzelne Wohnungseigentümer:in kann, in der Regel, nicht alleine entscheiden, wie die Rücklage verwendet wird und kann auch keine Rückzahlungen verlangen. Dies auch dann nicht, wenn er:sie aus der Wohnungseigentumsgemeinschaft ausscheidet (z.B. Verkauf des WE-Objekts). Dennoch sind die geleisteten Zahlungen (noch) nicht als sofortige Werbungskosten im Jahr der Zufuhr abzugsfähig. Der VwGH begründet seine Ansicht damit, dass zum Zeitpunkt der Zahlung noch nicht feststeht, welche Verbesserungs- oder Erhaltungsarbeiten mit der Rücklage vorgenommen werden und damit auch noch nicht beurteilt werden kann, ob es sich um aktivierungspflichtige (z.B. Herstellung oder Instandsetzung) oder sofort abzugsfähig Ausgaben (Instandhaltung) handelt. Erst wenn das Rücklagenguthaben tatsächlich verwendet wird, steht der Ausgabencharakter fest und erst dann können (anteilige) Werbungskosten geltend gemacht werden. Damit schließt sich der VwGH der bereits bisher in den Einkommensteuerrichtlinien geäußerten Verwaltungspraxis an.

Die Entscheidung des VwGH zieht auch weitere steuerliche Problemfelder nach sich, wie beispielsweise die Frage wie eine nicht verbrauchte Instandhaltungsrücklage beim Ankauf/Verkauf des WE-Objekts zu berücksichtigen ist. Die Finanzverwaltung geht bislang davon aus, dass die Instandhaltungsrücklage gesondert im Kaufvertrag ausgewiesen sein muss, damit diese steuerlich beim Übernehmenden fortgeführt werden kann.2).

In der Literatur3) wird demgegenüber vertreten, dass beim Ankauf/Verkauf die unverbrauchte Rücklage auch ohne gesondertem Ausweis aus dem Kaufpreis herausgerechnet wird und somit nicht der Immo-ESt (jedoch der Grunderwerbsteuer) unterliegt. Auf der Käuferseite ist der Kaufpreis in Grund & Boden, Gebäude und Rücklage aufzuteilen, da nur vom „reinen“ Gebäudewert eine AfA geltend gemacht werden kann. Anzumerken ist hier, dass eine Berücksichtigung der unverbrauchten Rücklage im Rahmen eines Verkaufs im Regime der Immobilienertragsteuer eine maximale Steuerentlastung von 30% (bei Verkäufer:in) mit sich zieht, wohingegen ein Abzug als Werbungskosten eine Entlastung von bis zu 55% bewirken könnte.

Wie ist zu verfahren, wenn bislang die Zahlungen in die Instandhaltungsrücklage als sofort abzugsfähige Ausgaben behandelt wurden?

Sollten die Einzahlungen in die Instandhaltungsrücklage bislang als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend gemacht worden sein, so darf dieser Aufwand nicht nochmals im Rahmen der Rücklagenverwendung geltend gemacht werden. Daher ist die bereits steuerwirksam gebildete Rücklage in solchen Fällen evident zu halten und bei der künftigen Rücklagenbildung zwischen Neu- und Altbestand zu unterscheiden.

 

VwGH: Gewinnlose GmbH und die verdeckte Gewinnausschüttung4):

Eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter:innen und damit u.U. eine damit einhergehende KESt-Pflicht ist nach Ansicht des VwGH auch bei einer gewinnlosen GmbH denkbar. Auch wenn keine Gewinne, jedoch Einlagen in der Höhe einer verdeckten Vorteilszuwendung vorhanden sind, ist eine vorgenommene Auszahlung an die Gesellschafter:innen nicht ohne Weiteres als KESt-neutrale Einlagenrückzahlung zu qualifizieren. Nach Ansicht des VwGH ist grundsätzlich bei einer verdeckten Vorteilszuwendung von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen, außer es gelingt der Nachweis, dass Einlagen zurückgezahlt wurden.

TIPP: Soll eine Vermögenszuwendung als Einlagenrückzahlung deklariert werden, so muss dies vor Ablauf des Geschäftsjahrs vom vertretungsbefugten Organ der Gesellschaft dem Finanzamt schriftlich mitgeteilt werden.

 

VwGH: Negativsteuer bei der Option zur unbeschränkten Steuerpflicht5) 

Im vorliegenden Fall hat ein tschechischer Staatsangehöriger, der sowohl in Tschechien als auch in Österreich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezog, die Option zur unbeschränkten Steuerpflicht ausgeübt, da seine inländischen Einkünfte unter EUR 11.000 und dadurch in Österreich unter der Einkommensteuergrenze lagen. Betrachtet man isoliert die österreichischen Einkünfte, so wäre eine Gutschrift (Negativsteuer) aus der Veranlagung zu erwarten gewesen. Für die Berechnung der Negativsteuer sind allerdings durch zwischenstaatliche oder andere völkerrechtliche Vereinbarungen steuerbefreite Einkünfte (hier: tschechische nichtselbständige Einkünfte) in die Berechnung miteinzubeziehen. Es kann daher nur eine Negativsteuer entstehen, wenn die Einkünfte insgesamt (österreichische und tschechische) unter der Besteuerungsgrenze liegen.

 

VwGH: KöSt trotz Liebhaberei in der GmbH6)

Im vorliegenden Fall ist eine GmbH Eigentümerin mehrerer vermieteter Liegenschaften, die jedoch aufgrund der Ertragslage im Einvernehmen mit dem Finanzamt als Liebhaberei eingestuft wurden. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde für die später erfolgten Liegenschaftsverkäufe Körperschaftsteuer für den Veräußerungsgewinn vorgeschrieben. Das BFG entschied, dass die Einkünfte aus der Veräußerung aufgrund der Liebhabereiqualifikation steuerfrei zu behandeln seien. Diese Ansicht teilte der VwGH nicht und hob das Erkenntnis auf. Die Liegenschaften sind dem außerbetrieblichen Bereich der GmbH zuzuordnen und fallen somit bei einer Veräußerung unter das Regime der privaten Grundstücksveräußerungen, die grundsätzlich im Rahmen der Immobilienertragsteuer besteuert werden. Im Spezialfall einer GmbH sind allerdings alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen und es fällt für den Veräußerungsgewinn einer Liegenschaft Körperschaftsteuer statt Immobilienertragsteuer an.

 

 

  

1) VwGH Ro 2021/13/0014 vom 2.5.2022.
2) Rz 6655c EStR.  
3) Zorn in RdW 8/2022 581f.
4) VwGH Ra 2019/13/0051 vom 30.6.2022.
5) VwGH Ro 2021/15/0009 und Ro 2021/15/0010 vom 3.2.2022.
6) VwGH Ra 2022/15/0009 bis 0011 vom 25.5.2022.

 

 

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