Abgabenänderungsgesetz 2022 in Begutachtung

Am 17.5.2022 wurde der Begutachtungsentwurf für das Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) veröffentlicht. Das AbgÄG 2022 soll noch vor der Sommerpause im Parlament beschlossen werden. Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die wichtigsten geplanten steuerlichen Änderungen. Über etwaige Änderungen und die finale Gesetzwerdung werden wir Sie im Rahmen der nächsten Ausgabe informieren.

 

1. Änderungen im EStG

 

  • Pauschaler Betriebsausgabenabzug für Jahresnetzkarten[1]

Bei Jahreskarten für den öffentlichen Verkehr, die sowohl für betrieblich veranlasste Fahrten als auch für private Fahrten genutzt werden, können zukünftig (ab der Veranlagung 2022) von Selbständigen (Einzelunternehmer:innen) 50% der aufgewendeten Kosten pauschal (ohne weiteren Nachweis) als Betriebsausgaben abgezogen werden. Umfasst davon sind Kosten für eine nicht übertragbare Jahreskarte der 2. Klasse, wenn glaubhaft gemacht werden kann, dass die Jahreskarte auch für betriebliche Fahrten genutzt wird. Aufpreise für z.B. Familienkarten sollen nicht von der Pauschalregelung erfasst sein.

HINWEIS: Die Möglichkeit der Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten für Netzkarten als Betriebsausgabe bleibt weiterhin bestehen (Führung exakter Aufzeichnungen).

 

  • Neuerungen i.Z.m. der Forschungsprämie[2]

Bislang sind Forschungsleistungen von Einzelunternehmer:innen, Gesellschafter:innen einer Personengesellschaft oder unentgeltlich tätigen Gesellschafter:innen einer Kapitalgesellschaft im Rahmen der Forschungsprämie nicht berücksichtigt worden. Zukünftig (erstmalig anwendbar auf Prämien für das Jahr 2022) soll nun die Berücksichtigung eines fiktiven Unternehmerlohns i.H.v. EUR 45 für jede nachweislich in den Bereichen Forschung und experimenteller Entwicklung erbrachte Tätigkeitsstunde gesetzlich verankert werden (maximal jedoch EUR 77.400 pro Person und Wirtschaftsjahr). Des Weiteren soll die Antragsfrist für die Forschungsprämie von der Rechtskraft der Steuerbescheide entkoppelt werden.

Darüber hinaus soll es die Möglichkeit geben, auf Antrag über einen abgegrenzten Teil eines Prämienantrags durch einen gesonderten Bescheid absprechen zu können, was auch Teilauszahlungen bei Prämienanträgen ermöglicht. Nach derzeitiger Rechtslage kann über Prämienanträge nur einheitlich abgesprochen werden, was oftmals zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Prämie führt.

 

  • Keine Steuerpflicht bei Depotübertragungen i.Z.m. Umgründungen[3]

Der derzeitigen Rechtslage nach wird bei Depotentnahmen oder -übertragungen im Rahmen der Anwendbarkeit des UmgrStG regelmäßig eine Entnahmebesteuerung ausgelöst, da bisher in diesen Fällen keiner der Ausnahmetatbestände erfüllt war. Durch die Änderungen kann nun ein weiterer Ausnahmetatbestand geschaffen werden. Demnach soll eine Übertragung im Zuge einer unter das UmgrStG fallenden Umgründung keine Entnahmebesteuerung bewirken. Damit die inländische depotführende Stelle den Kapitalertragsteuerabzug unterlassen und eine entsprechende Mitteilung an das Finanzamt durchführen kann, muss das Vorliegen einer Umgründung i.S.d. UmgrStG mittels geeigneter Unterlagen (z.B. notariell beurkundeter Beschluss) glaubhaft gemacht werden. Für ausländische depotführende Stellen sollen Steuerpflichtige diese Mitteilung selbst vornehmen können.

 

  • Entfall der verpflichtenden Ausstellung von Verlustausgleichsbescheinigungen[4]

Die bisherigen von den depotführenden Stellen verpflichtend auszustellenden Verlustausgleichsbescheinigungen bzw. die darin enthaltene Darstellung der bezogenen Kapitalerträge sowie die darauf entfallene Kapitalertragsteuer haben sich in der Vergangenheit als oftmals wenig detailliert erwiesen. Daher soll die bisherige verpflichtende automatische Übermittlung der Verlustausgleichsbescheinigung ab 1.1.2024 neu geregelt werden. Die verpflichtende automatische Übermittlung der Verlustausgleichsbescheinigung entfällt, dafür wird zukünftig auf Verlangen des:der Steuerpflichtigen ein umfangreiches Steuerreporting erteilt, das alle für Steuerpflichtige relevante Daten über die ihre betreffenden Geschäftsfälle und das für sie verwaltete Kapitalvermögen enthält.

 

  • Verlängerung der Begünstigungsvorschrift für Ärzt:innen[5]

Die im Zuge der Covid-19-Gesetzgebung eingeführte und verlängerte Begünstigungsvorschrift bei Betriebsaufgaben für Ärzt:innen i.S.d. § 36b Ärztegesetz 1998 (das sind Mediziner:innen über 60 Jahre, die in der Pandemie aushelfen) soll vor dem Hintergrund der andauernden Pandemie abermals verlängert werden.

 

  • Steuerfreie Mitarbeiter:innengewinnbeteiligung[6]

Durch die ökosoziale Steuerreform 2022 wurde die steuerfreie Mitarbeiter:innengewinnbeteiligung eingeführt. Nun soll klargestellt werden, dass einzelnen Arbeitnehmer:innen insbesondere auch bei mehreren Arbeitgebern insgesamt trotzdem nur der steuerfreie Maximalbetrag von jährlich EUR 3.000 gewährt werden kann. Bei einer Überschreitung soll es künftig im Rahmen der Pflichtveranlagung zu einer Nachversteuerung des übersteigenden Betrags kommen.

 

  • Besteuerung von Leistungen aus der Sozialversicherung[7]

Bestimmte Leistungen aus der Sozialversicherung – wie insbesondere Kranken-, Rehabilitations-, Wiedereingliederungs- und Umschulungsgeld – sollen künftig zur Vermeidung von Steuernachzahlungen aufgrund längerer Verfahrensdauern und geballter Zahlungen nicht mehr im Jahr des Zuflusses besteuert, sondern dem Jahr des Anspruchs zugerechnet werden (sogenanntes Anspruchsprinzip). Die Änderungen sollen für Zahlungen, Nachzahlungen und Rückzahlungen der genannten Leistungen ab 1.1.2022 gelten.

 

  • Öffi-Ticket & Pendlerpauschale[8]

Zur Unterstützung des Umstiegs auf öffentliche Verkehrsmittel wurde die Steuerbefreiung mit Juli 2021 auf Wochen-, Monats- und Jahreskarten erweitert, sofern die Karte zumindest am Wohn- oder Arbeitsort gültig ist. Nun soll klargestellt werden, dass nicht nur die (teilweise) Übernahme der Kosten, sondern auch die Zurverfügungstellung eines Öffi-Tickets durch den Arbeitgeber steuerfrei möglich ist.

Darüber hinaus soll es künftig zu einer Pflichtveranlagung kommen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren oder Arbeitnehmer:innen Kosten für ein Öffi-Ticket in einer nicht zustehenden Höhe ersetzt wurden (z.B. durch unrichtige Angaben). Weiters soll künftig auch dann eine Pflichtveranlagung durchgeführt werden, wenn ein Pendlerpauschale zu Unrecht oder in falscher Höhe berücksichtigt wurde.

 

  • Unterhaltsabsetzbetrag[9]

Die steuerliche Behandlung von unregelmäßigen sowie nachgezahlten Unterhaltsleistungen soll gesetzlich klargestellt werden. Der Unterhaltsabsetzbetrag soll nur für jene Monate zustehen, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde. Dabei soll zunächst immer die älteste offene Unterhaltsverpflichtung getilgt werden. Bei unregelmäßigen Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahrs soll somit vom Beginn des Kalenderjahrs (bzw. der Unterhaltsverpflichtung) an aufgefüllt werden. Dies soll auch für Nachzahlungen gelten, allerdings sollen diese ausschließlich im Kalenderjahr der Zahlung zu berücksichtigen sein. Nachzahlungen für offene Unterhaltsverpflichtungen aus dem Vorjahr sollen für den Unterhaltsabsetzbetrag im Vorjahr nicht mehr berücksichtigt werden können.

 

  • Jahressechstel bei Kurzarbeit[10]

Wie bereits in den letzten beiden Jahren soll auch 2022 für Zeiten der Kurzarbeit (unabhängig davon, wie lange Arbeitnehmer:innen in Kurzarbeit waren) bei der Berechnung des Jahressechstels ein pauschaler Zuschlag von 15% berücksichtigt werden, um Kürzungen der Steuerbegünstigungen des Jahressechstels zu dämpfen.

 

2. Änderungen im UStG

Im Bereich der Umsatzsteuer soll es zu folgenden Änderungen kommen:

  • Kein Übergang der Steuerschuld und keine Haftung des Leistungsempfängers (= Mieter:in ist Unternehmer:in oder juristische Person des öffentlichen Rechts) bei der Vermietung von Grundstücken (insbesondere Geschäftsräumlichkeiten) durch ausländische Vermieter:innen.[11] Damit soll die bisherige Verwaltungspraxis aufrecht bleiben, wonach/nach der der:die ausländische Vermieter:in die Umsatzsteuer in Österreich unter Abzug von relevanten Vorsteuern abführt.
  • Erweiterter Anwendungsbereich der Sonderregelung für Dreiecksgeschäfte (zukünftig auch auf Reihengeschäfte mit mehr als drei Personen).[12]
  • Verlängerung des 0%-igen Steuersatzes für Schutzmasken bis 30.6.2023.[13]
  • (Echte) Umsatzsteuerbefreiung für grenzüberscheitende Personenbeförderung mit Eisenbahnen (ab 1.1.2023).[14]
  • Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Zahlung bei Leistungsbezug von einem Ist-Versteuerer (ab 1.1.2023).[15]
  • Angabe „Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ als zusätzliches Rechnungsmerkmal bei Ist-Versteuerern (ab 1.1.2023).[16]
 

[1] § 4 Abs. 4 Z 5 und § 124b Z 397 EStG.

[2] § 108c und § 124b Z 403 EStG.

[3] § 27 Abs. 6 Z 2, § 93 Abs. 5 und § 124b Z 400 EStG.

[4] § 96 Abs. 4 und 5 und § 124b Z 402 EStG.

[5] § 124b Z 351 EStG.

[6] § 3 Abs. 1 Z 35 lit e und § 41 Abs. 1 Z 14 EStG.

[7] § 19 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 sowie § 124b Z 398 EStG.

[8] § 26 Z 5 lit b und § 41 Abs. 1 Z 6 EStG.

[9] § 33 Abs. 4 Z 3 EStG.

[10]§ 124b Z 364 EStG.

[11] § 19 Abs. 1 und § 28 Abs. 58 Z 2 UStG.

[12] Art. 25 und § 28 Abs. 58 Z 2 UStG.

[13] § 28 Abs. 54 UStG.

[14] § 6 Abs. 1 Z 3 lit d, § 28 Abs. 58 Z 2 UStG.

[15] § 11 Abs. 1 Z 3 lit i und j, Abs. 6 Z 4, 5 und 6, § 12 Abs .1 Z 1 lit a und § 28 Abs. 58 Z 2 UStG.

[16] § 11 Abs. 1 Z 3 lit i und j, Abs. 6 Z 4, 5 und 6, § 12 Abs. 1 Z 1 lit a und § 28 Abs. 58 Z 2 UStG.

 


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