EuGH/VwGH: Keine feste Niederlassung bei bloßer Grundstücksvermietung führt zur Nichtanwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung1):
Wird eine inländische Immobilie von ausländischen Eigentümerinnen und Eigentümer (bloß) vermietet und verfügen diese über kein eigenes Personal für die Leistungsbewirkung im Inland, so gilt diese Immobilie nicht als feste Niederlassung (Betriebsstätte) im umsatzsteuerrechtlichen Sinn. Dies führt dazu, dass sich bei bloßer Vermietungstätigkeit ohne personelle Ausstattung im Inland die wirtschaftliche Ansässigkeit im Ausland befindet und dadurch die umsatzsteuerrechtliche Kleinunternehmerregelung2) nicht anwendbar ist.
Das hätte zur Folge, dass die Mietvorschreibungen an unternehmerische Mieterinnen und Mieter ohne Umsatzsteuer mit dem Hinweis des Übergangs der Steuerschuld auf Leistungsempfangende auszustellen wären. Die Vorsteuern für Eingangsleistungen in Zusammenhang mit der Vermietung wären folglich über das Erstattungsverfahren und nicht im Wege der Veranlagung geltend zu machen. Die Mietvorschreibungen an Privatpersonen als Mieter unterliegen ohne Anwendung der Kleinunternehmerregelung der Regelbesteuerung mit 20% USt (oder ggf. 10% für Wohnzwecke). Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese Entscheidung reagiert, da ja bisher unterstellt wurde, dass diese Umsätze im Veranlagungsverfahren zu erklären sind3).
VwGH: Verzinsung von Umsatzsteuerbeträgen4)
Der VwGH hat unter Berufung auf den EuGH entschieden, dass Vorsteuerüberschüsse oder Umsatzsteuerguthaben, die nicht innerhalb einer angemessenen Frist vom Finanzamt rückgezahlt werden, zu verzinsen sind. Die Höhe der Zinsen kann nach Ansicht des VwGH (analog zu bestehenden Zinsbestimmungen) 2% über dem Basiszinssatz betragen. Der Zeitpunkt des Beginns der Verzinsung wurde im vorliegenden Fall nicht festgesetzt, jedoch darf ein zinsfreier Zeitraum für eine angemessene abgabenrechtliche Prüfung (Einzelfall!) bestehen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung bleibt abzuwarten. Diese wird aber vermutlich auch eine Verzinsung von Umsatzsteuernachzahlungen umfassen.
VwGH: Abgeltungswirkung der ImmoESt nur bei korrekter Höhe5)
Wird die Immobilienertragsteuer auf Basis einer unrichtigen Rechtsmeinung zu niedrig ermittelt, so tritt keine Abgeltungswirkung ein. Bei einem bloßen Rechtsirrtum sind Steuerpflichtige zwar nicht verpflichtet, den Verkaufsvorgang in ihre Steuererklärung aufzunehmen, jedoch kann das Finanzamt von sich aus im Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbescheid die Steuer rechtsrichtig vorschreiben.
VwGH: Besteuerung der im Ausland tätigen Geschäftsführer einer österreichischen GmbH6)
Im vorliegenden Fall hat sich der VwGH mit der Besteuerung von in Russland tätigen Geschäftsführern einer österreichischen GmbH beschäftigt. Laut ständiger Rechtsprechung werden Geschäftsführerbezüge dort besteuert, wo die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird (hier Russland). Gleichzeitig wirft der VwGH in seiner Entscheidung die Frage auf, ob Geschäftsführerbezüge nicht als „Directors’ fees“ anzusehen sind und somit das Besteuerungsrecht in Österreich läge. Diese Frage ist im fortzusetzenden Verfahren vom BFG zu prüfen.
VwGH: Kein Hälftesteuersatz für Betriebsveräußerung bei unmittelbar nachfolgender Aufnahme einer Beschäftigung im Folgejahr7)
Die Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes für Veräußerungsgewinne ist nur dann möglich, wenn Veräußerer (nach Vollendung des 60. Lebensjahres) ihre aktive Erwerbstätigkeit tatsächlich einstellen. Auch wenn direkt nach der Betriebsveräußerung die Erwerbstätigkeit eingestellt wird, muss diese über eine längerfristige Dauer über das Veranlagungsjahr hinaus gerichtet sein. Wird mit Beginn des Folgejahres der Veräußerer im veräußerten Unternehmen beschäftigt (mit mehr als EUR 730 Jahreseinkommen), so ist dies für den Hälftesteuersatz schädlich.
VwGH: Vergütung des Verdienstentgangs umfasst auch Sonderzahlungen8)
Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Absonderung an der Arbeit gehindert, so kann für den Zeitraum der Absonderung eine Vergütung des Verdienstentgangs beantragt werden. Die Höhe der Vergütung umfasst dabei nicht nur das normale Gehalt, sondern auch die aliquoten Sonderzahlungen, unabhängig davon, ob in dem abgesonderten Monat Sonderzahlungen tatsächlich ausbezahlt wurden.
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1) EuGH vom 3.6.2021, Titanium, C-931/19; VwGH 7.5.2021, Ra 2020/15/0115.
4) VwGH Ra 2018/15/0035 vom 30.6.2021.
5) VwGH Ra 2019/15/0046 vom 26.5.2021.
6) VwGH Ra 2019/15/0095 vom 10.5.2021.
7) VwGH Ra 2019/15/0156 vom 21.4.2021.
8) VwGH Ra 2021/09/0094 vom 24.6.2021.
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