Österreich als Nachzügler

Advertorial in DIE PRESSE, erschienen am 7. November 2024,  von Christina Wieser.
Sie berät Aufsichtsräte und Geschäftsführungen zur neuen Rolle in der nachhaltigen Transformation.   
 

Österreich hat die Frist (6.7.2024) zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), verpasst. Inzwischen hat die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen säumige Länder eingeleitet. Dazu zählen neben Österreich noch weitere 15 EU-Mitgliedstaaten. Es bleiben zwei Monate Zeit, um die nationale Umsetzung abzuschließen. Während z.B. in Deutschland immerhin ein Regierungsentwurf vorliegt, wurde hierzulande weder eine öffentliche Konsultation zu einem entsprechenden Legislativvorschlag durchgeführt, noch wurde dieser beschlossen. Die Nichtverabschiedung des angekündigten Nachhaltigkeitsberichterstattungsgesetzes (NaBeG) in der vergangenen Legislaturperiode zieht rechtliche Unsicherheiten v.a. für jene rund 80 bis 120 großen Unternehmen im öffentlichen Interesse nach sich, die bereits für das Geschäftsjahr 2024 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD verpflichtet sind. 
 

Konsequenzen 

Im vielbeachteten Beitrag „Was passiert, wenn das NaBeG nicht rechtzeitig kommt?“ (in: Der Jahresabschluss 3/2024) des leitenden Staatsanwalts im Bundesministerium für Justiz, Dr. Dietmar Dokalik, werden im Kontext der verzögerten nationalen Umsetzung unterschiedliche Szenarien skizziert: Tritt das NaBeG nach dem 1.1.2025 in Kraft, dürfte es trotz geltender EU-Directive schwierig werden, für betreffende Unternehmen rückwirkend eine Anwendbarkeit für das Geschäftsjahr 2024 anzuordnen. Ist das NaBeG bis zum 30.4.2025 immer noch nicht in Kraft, muss der Jahresfinanzbericht einen Lagebericht nach den Regeln des UGB enthalten. Unternehmen können freiwillig eine nichtfinanzielle Erklärung in den Lagebericht aufnehmen, die inhaltlich den Anforderungen der bereits erlassenen Berichterstattungsstandards entspricht (= European Sustainability Reporting Standards, ESRS). Sollte das Gesetz erst nach dem 31.5.2025 (Ende der Aufstellungsfrist) in Kraft treten, können die Unternehmen nicht dazu gezwungen werden, doch noch einen Nachhaltigkeitsbericht gemäß CSRD aufzustellen.   
 

Kurs halten 

Für den überwiegenden Teil der großen Kapitalgesellschaften Österreichs (rund 2.000), die erstmalig für das Berichtsjahr 2025 ihre Nachhaltigkeitsinformationen zu Umwelt, Sozialem und Governance offenlegen werden, darf die gegenwärtige unklare Rechtslage keinesfalls eine erfolgreiche Implementierung hemmen. Denn eines steht fest: An der Berichtspflicht ist nicht zu rütteln. Es ist dringend anzuraten, mit der Umsetzung zu beginnen bzw. die laufenden Vorbereitungsarbeiten konsequent fortzusetzen. Eine gründliche Planung und die Bereitstellung der erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen sind für die Sicherung des Projektfortschritts unabdingbar. Für jene Unternehmen, die sich bislang noch nicht mit den Anforderungen befassen konnten, ist anzuraten, zeitnah in den Marathon zur Nachhaltigkeitsberichterstattung einzusteigen. Dem Vernehmen nach ist eine 1:1-Umsetzung der CSRD und damit kein „Gold Plating“ zu erwarten. Dennoch wird es einen langen Atem brauchen, denn das Regelwerk an sich birgt hohe Komplexität: Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts gemäß CSRD/ESRS kann durchaus bis zu einem Jahr Zeit in Anspruch nehmen. Mit Ausdauer, Konsequenz und Teamgeist wird die Übung bestimmt gelingen. Dies gilt hoffentlich im Sinne der Planungssicherheit möglichst bald auch für die nationale Umsetzung der CSRD.

 

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