An alle, die schon einmal einen Förderantrag ausgefüllt haben: Können Sie sich noch an die Fragestellungen erinnern, welche die Gender Equality in Ihrem Unternehmen untersuchen sollten? Wie haben Sie geantwortet? Klassiker wie verfügbare Teilzeitangebote, genderneutrales Recruiting und respektvolle Unternehmenskultur haben in der Vergangenheit vielleicht noch ausgereicht, um Grants zu sichern. Aber nicht mehr im Jahr 2023.
Gender Equality hat sich von einem formalen Punkt auf der Fördercheckliste gewandelt, hin zu einem Kriterium, das Unternehmen sogar noch zusätzliches Geld bescheren kann. Und das nicht nur in Förderprogrammen, die speziell auf Frauen zugeschnitten sind, sondern auch in allgemein offenen Programmen. Abzuholen gibt es dort nicht nur erhöhte Förderchancen, sondern eben auch höhere Fördersummen. Doch die dafür benötigte Genderstruktur lässt sich im Unternehmen nicht von einem Tag auf den anderen herstellen: Es braucht eine Analyse der Strukturen, ein Aufbrechen und Neuformen.
Wie Förderstellen Frauenförderung in Unternehmen attraktiv machen
Dass es regionale, nationale und europäische Förderstellen mit Gender Equality in Unternehmen ernst meinen, zeigt sich allein schon an der schieren Anzahl von Benefits für progressive Antragssteller:innen. Die Wirtschaftsagentur Wien bietet beispielsweise einen Frauen-Bonus für geförderte Projekte, die nachweislich von einer Frau geleitet werden. Dafür bekommen Unternehmen zwischen 2.000-10.000 Euro mehr Grantvolumen. Einen ähnlichen Bonus gibt der Austria Wirtschaftsservice aus: Ist die Antragstellerin weiblich, hält mindestens 25% der Geschäftsanteile und hat im Projekt eine leitende Funktion inne, dann erhöht sich die Fördersumme um bis zu 20.000 Euro. Dieser Bonus ist unter anderem in Programmen wie dem aws First Inkubator oder den Innovative Solutions abrufbar. Neben dem finanziellen Anreiz bietet Gender Balance noch einen weiteren essenziellen Anreiz: Es erhöht die Förderchancen. Genderkriterien werden in der Bewertung von Projektanträgen explizit berücksichtigt. So hat sich etwa die FFG entschieden, Gender in drei Aspekten zu durchleuchten: In der Qualität des Vorhabens (Wird die Forschung gendersensibel durchgeführt? Mehr dazu in diesem Artikel), in der Nutzung und Verwertung (Umfasst die Marktperspektive Genderaspekte?) und in der Eignung der Förderwerbenden (Ist das Projektteam ausgewogen?).
Die EU geht sogar noch einen Schritt weiter: Frauen in relevanten Positionen können den Förderantrag in der Bewertungsphase sogar in den Fast Track katapultieren. Im Accelerator-Programm, das sich vor allem an hochinnovative KMU richtet, werden zwei Antragssteller:innen bei gleichem Score mithilfe der Anzahl von weiblichen Angestellten verglichen. In der letzten Antragsphase, in der ein Pitch gehalten werden muss, ist überdies eine Gender-Quote zwischen eingeladenen männlich und weiblich geführten Projekten zu erfüllen. Das trug bisher zu einer Erhöhung an geförderten, weiblich geführten Unternehmen von 8% auf 29% bei. Und bevor jemand anschuldigen könnte, dass die Förderstellen hier blind mit der Gender-Keule um sich schlagen: Die zur Förderung ausgewählten Projekte müssen ohnehin immer enorm hohen Standards entsprechen, egal welches Geschlecht sie einreicht. Eine quantitativ auferlegte Frauenförderung führt also nicht zu einem Qualitätsverlust, denn die Anzahl der eingereichten Anträge ist oft so hoch, dass es sogar zu viele förderfähige Ideen gibt. Es führt lediglich dazu, dass aus dem Pool der exzellenten Proposals eine faire Menge an weiblichen und männlichen Antragsteller:innen ausgewählt werden. Bis unsere Gesellschaft Jahrzehnte von Ungleichbehandlung hinter sich lassen kann, braucht es eben auch ein paar Jahre expliziter Gleich- oder Besserbehandlung.
Genderstrukturen im Unternehmen müssen systematisch analysiert werden
Um förderfit zu sein, reichen also schon lange keine Floskeln in Anträgen mehr aus. Förderstellen durchleuchten die Genderstruktur hinter Proposals tiefgehend und genauso gründlich sollten auch Sie Ihr eigenes Unternehmen untersuchen. Um die nötigen Daten für optimale Förderchancen zusammenzutragen und Gender Equality im Unternehmen langfristig zu etablieren, haben wir uns lange mit diesem Thema auseinandergesetzt. Die BDO beschäftigt sich schon seit einiger Zeit detailliert mit Sustainability-Themen und ESG-Kriterien (Näheres findet sich in diesem Artikel) und nun haben wir ein Tool zur Gender Equality Analysis entwickelt: Mithilfe auf Mitarbeiter:innendaten basierenden Auswertungen werden Genderstrukturen im Unternehmen sichtbar und möglicher Handlungsbedarf aufgezeigt. Ich möchte Ihnen hier einen kleinen Einblick in unser Tool geben und Ihnen dadurch Ansätze für Ihr eigenes Unternehmen aufzeigen.
Das Analyse-Instrument fungiert als Monitoring Tool, das unternehmensinterne Geschlechterverteilungen, Beförderungen, Voll- und Teilzeitmodelle und Fluktuationsraten untersucht. Die Interpretation der Analyse wird anhand grafischer Darstellung visualisiert und bildet die Grundlage für nachfolgende Maßnahmen. Aufgezeigt wird dabei unter anderem die Verteilung von weiblichen und männlichen Mitarbeiter:innen in absoluten Zahlen sowie nach Karrierestufe, die Inanspruchnahme von Teilzeit nach Geschlechtern und die Unternehmenstreue (Dauer der Anstellung). Eine der aussagekräftigsten Betrachtungen ist dabei der Karriereverlauf über einen Zeitraum: Entgegen den Betrachtungen zu einem bestimmten Zeitpunkt zeigt diese kontinuierliche Ansicht die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen Frauen und Männer sich in der Karriereleiter bewegen. Eine reine IST-Erhebung kann das Bild der Gender Equality nämlich stark verzerren. Zusätzlich dazu lässt sich die durchschnittliche Anzahl der weiblichen und männlichen Beförderungen errechnen sowie die Dauer bis zu einer Beförderung. So lässt sich im direkten Vergleich untersuchen, ob Frauen in gleichen Berufspositionen wie ihre männlichen Gegenüber seltener und/oder langsamer befördert werden. Das Monitoring Tool hat dabei in vergangenen Anwendungen bereits gezeigt, dass selbst in progressiven Teams immer noch ein unsichtbarer Gender Bias herrscht. Sobald man sich dessen bewusst wird, kann die Analyse proaktiv genutzt werden, um einen Maßnahmenplan zu erstellen und Gender Equality Ziele festzulegen. Das Erreichen dieser Ziele kann mithilfe des Controlling-Aspekts des Tools gewährleistet werden: Neue Daten können eingespielt und mit den Ausgangsdaten verglichen werden.
Hier ein Ausschnitt aus einer beispielhaften Auswertung:
*Auswertungen dienen ausschließlich der Veranschaulichung und basieren auf Dummy-Daten
*Auswertungen dienen ausschließlich der Veranschaulichung und basieren auf Dummy-Daten
Fazit
Wenn Sie also das nächste Mal in einem Förderantrag über eine Frage zu Gender Balance stolpern und hohe Förderchancen haben möchten, lassen Sie die Finger von altbekannten Floskeln. Um in Zukunft förderfit zu bleiben, müssen Sie ihre Genderstrukturen schon heute ändern. Ein erster Schritt ist es, sich der Wichtigkeit des Themas bewusst zu werden. Ein zweiter ist es, sich dem Thema anzunehmen. Die Zeit der Halbherzigkeit ist vorbei, um alte Systeme aufzubrechen, braucht es aktives Commitment und gezieltes Vorgehen. Und für unverbesserliche Zyniker:innen bietet die Förderlandschaft immerhin das, was auch noch die letzten Bremser:innen überzeugen wird: Geld.
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