Die Sprache der Evaluator:innen von Förderanträgen

Seine Zielgruppe zu kennen und die Kommunikation virtuos auf sie abzustimmen, um diese perfekt abzuholen, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor – nicht nur in Bereichen wie Marketing und Sales, sondern auch im Funding bei Förderanträgen. 

Während jedoch die Zielgruppe eines neuen Smartphones oder der neuesten Sneaker eher einfach zu erkennen und anzusprechen ist, verhält es sich bei den Leser:innen eines Förderantrags gegenteilig. Abhängig von der Förderstelle – auf nationaler oder EU-Ebene – ist es schwierig bis unmöglich, diese zu identifizieren, geschweige denn mit ihnen in Kontakt zu treten. Aber genau diese unbekannten Personen sind die Evaluator:innen, die über eine Zu- oder Absage der Förderung entscheiden.
 

Know your target

Für die Erstellung eines Förderantrags ist es wesentlich, über diverse Aspekte bzgl. seiner Zielgruppe, sprich der Förderstelle und deren Evaluator:innen, bestmöglich Bescheid zu wissen: Welche Ziele verfolgt die ausgeschriebene Förderung? Was möchte der:die Fördergeber:in mit dem Förderprogramm erreichen? Welche Inhalte sind daher im Antrag gefordert? 

Es geht nicht nur um eine reine Beschreibung des Projekts mit dessen Zielen und Inhalten. Es müssen auch die Entwicklungsrisiken, das ökonomische Verwertungspotenzial und je nach Förderprogramm die gesamtheitliche (F&E-) Strategie mit ihren volkswirtschaftlichen Effekten, der sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Wirkung sowie Genderrelevanz etc. pp. dargestellt werden. Speziell bei Ausschreibungen auf EU-Ebene muss zusätzlich auf strategische Programminhalte wie jene von Horizon Europe und auf dahinterstehende Zielsetzungen (z.B. SDGs) eingegangen werden.
 

Inhalte klar – alles klar?

Sind Sie bereits mit obigen Punkten vertraut und haben schon einmal ein Formular für einen Förderantrag gesehen, scheinen die Inhalte klar und Sie könnten den Projektantrag einfach runtertippen. Wie so oft liegt der Teufel aber im Detail. Neben formalen Hürden wie Zeichen- und Seitenbeschränkungen sowie weiteren Vorgaben tauchen immer wieder folgende Fragen auf: Wer liest den Antrag und welches Wissen, welche Vorkenntnisse bzw. welche Expertise haben diese Personen? Wie weit müssen Sie ausholen und in die Tiefe gehen? Welche Kapitel müssen stärker betont werden? All das kann zu Frustration darüber führen, dass es im Vorfeld keine Informationen über zuständige Evaluator:innen gibt. Doch hinter der Unnahbarkeit der Beurteiler:innen steckt eine logische Erklärung.
 

Rules and principles for transparency

Sowohl die nationalen Förderstellen als auch die Europäische Kommission sind um Transparenz und Objektivität bei der Förderungsvergabe bemüht. Die Regeln und Grundsätze für EU-Finanzierungen sowie -Ausschreibungen sollen Transparenz sicherstellen und allen den gleichen Zugang zu Finanzmitteln gewähren. Unabhängig davon, ob Sie eine von der Europäischen Kommission oder von einer nationalen Behörde verwaltete Förderung beantragen oder sich an einer Ausschreibung beteiligen, haben Sie Anspruch auf Gleichbehandlung und den Zugang zu Informationen.

Objektivität in der Auswahl der Förderungsprojekte auf europäischer Ebene soll durch den Evaluationsprozess garantiert werden. Die Kommission stützt sich bei der Bewertung von Vorschlägen/Angeboten auf das Fachwissen von Spezialist:innen, die als „Remote Experts“ oder als „Jury Members“ zum Einsatz kommen. Dabei kann es sich um Bedienstete der Kommission oder um unabhängige Fachleute handeln, die aufgrund ihrer Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse auf dem Gebiet der Ausschreibung gewählt werden. Für die zum Einsatz kommenden Expert:innen gibt es ein eigenes Regelwerk. Eine Liste von Sachverständigen wird von der Kommission jährlich publiziert. Es wird jedoch nicht bekannt gegeben, welche Expert:innen welche Projektanträge beurteilt haben.

In der Praxis bedeutet dies, dass ein Förderantrag von mehreren unabhängigen, einander unbekannten Evaluator:innen beurteilt wird. Das ist transparent und objektiv. Wird jedoch das Projekt negativ bewertet, haben Sie keine Möglichkeit mehr, zusätzliche Erklärungen nachzuliefern oder noch mit Zusatzinformationen zu dienen. 
Im Bereich der nationalen Förderungen gibt es bei nahezu allen Förderprogrammen die Möglichkeit, sich als Antragssteller:in bei der FFG bzw. anderen Förderstellen vorzustellen und persönlich in Kontakt zu treten. Dies wird auch von uns ausdrücklich empfohlen. Dabei geht es nicht um Kontaktaufnahme, um unlauter zu beeinflussen, sondern allein darum, sein Projekt optimal vorstellen und erklären zu können. Im persönlichen Kontakt können Fragen und Missverständnisse aus dem Weg geräumt und auf spezielle Anforderungen und Ziele des Förderprogramms noch spezifischer eingegangen werden.
 

Die richtigen Worte finden

Welche Schritte können Sie nun setzen, um mit Ihrem Projektantrag die anonymen Leser:innen ideal anzusprechen und Ihr Projekt punktgenau zu formulieren, ohne Fragen oder Zweifel offen zu lassen? Sie müssen wissen, welches „System“ – sei es auf nationaler oder EU-Ebene – Sie mit Informationen bedienen müssen. Befassen Sie sich dazu bis ins kleinste Detail mit den Kriterien und Zielen des Förderungsprogramms und den Vorgaben der Einreichung bzw. des Antrags. Gehen Sie im Antrag auf alle Punkte ein und lassen Sie gewünschte Aspekte keinesfalls aus.

Über die Breite und Tiefe der Informationen, die Sie über Ihr Projekt geben müssen, müssen Sie je nach Antrag entscheiden. Dabei gilt es, einen Mittelweg zu finden: zwischen den formalen Vorgaben und der Notwendigkeit, Entwicklungsdetails und Fachwissen angemessen darzustellen. Versuchen Sie, sich so weit wie möglich über die Förderstelle und die handelnden Personen zu informieren. Wenn möglich, nutzen Sie die Chance, Ihr Projekt persönlich vorzustellen und Ihr Unternehmen positiv zu präsentieren. Die Summe all dieser Maßnahmen wird einen positiven Beitrag dazu leisten, eine gemeinsame Sprache zu finden.
 

Fazit

Transparenz und objektive Entscheidungsfindung sollen auf EU- wie auch nationaler Ebene durch viele Bemühungen und Reglements zu einer objektiven Entscheidungsfindung führen – mit allen vorhin genannten Vor- und Nachteilen. Wichtig für die Antragssteller:innen ist es, die unterschiedlichen Anforderungen und Beurteilungssysteme zu kennen und die Zielgruppe in ihrer Sprache mit den richtigen Worten und Inhalten abzuholen sowie für das Projekt zu begeistern. 
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Anita Moreau 


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