Mögliche Wiedereinführung der Erbschafts- und/oder Vermögensteuer

Im Gastblog in Der Standard umreißen Florian Meindl und Manfred Mauk, beide Steuerberater bei BDO, die Eckpunkte der möglicherweise kommenden Steuerbelastungen.
 

Im Zuge der anstehenden Nationalratswahlen diskutieren Österreichs Parteien u.a. über die erneute Einführung von Erbschafts- und Vermögensteuern. Wie könnten diese ausgestaltet sein? 

Die angedachte Wiedereinführung der Erbschafts- und Vermögensteuer hat zu einer kontroversen Diskussion in der Öffentlichkeit geführt. Ob und in welcher Form diese Steuern erneut eingeführt werden, ist vor allem vom Ausgang der nächsten Wahlen abhängig. Nichtsdestotrotz kann diese Diskussion einen Denkanstoß für die eigene Zukunftsplanung darstellen. 

Ausgestaltung der Erbschaft- und Vermögensteuer in der Vergangenheit in Österreich

Die Erbschafts- und Schenkungssteuer wurde 2007 außer Kraft gesetzt, das Gesetz existiert allerdings nach wie vor. Die Besteuerung von Erbschaften hat sich in Österreich in der Vergangenheit einerseits am Verwandtschaftsgrad, andererseits am Wert sowie an der Art des zu übertragenden Vermögens orientiert. In den höheren Steuerklassen war mit einem durchaus substanziellen Steueraufwand zu rechnen. Trotz der Freibeträge konnte es gerade bei großen Erbschaften außerhalb des Verwandtschaftskreises zu einer Besteuerung bis zu 60% kommen. Davon ausgehend, dass sich eine potenzielle Neueinführung der Erbschaftsteuer wiederum nach ähnlichen Parametern richtet, ist die damit verbundene Steuerlast also keinesfalls zu vernachlässigen. 

Für die 1993 abgeschaffte Vermögensteuer gilt, dass grundsätzlich ein pauschaler Steuersatz von 1% des zu besteuernden Vermögens pro Jahr einzubehalten war. Dabei war jedoch auf die Bewertungsmethoden zu achten, denn die steuerliche Bemessungsgrundlage konnte dabei vom tatsächlichen Wert abweichen. Genau diese unterschiedlichen Bewertungsansätze der zu besteuernden Vermögensgegenstände war in der Vergangenheit auch der kritische Punkt, der den Verfassungsgerichtshof bewogen hat, das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz für verfassungswidrig zu erklären. 
 

Zukünftige Ausgestaltung

Wie die neuerliche Ausgestaltung aussehen könnte, wird vonseiten der Politik diskutiert und festgelegt werden müssen. Der aktuelle Vorschlag der SPÖ sieht z.B. einen Freibetrag von EUR 1 Mio. und eine progressive Besteuerung in Höhe von 0 bis 2% pro Jahr vor, die sog. Millionärsabgabe. 

Ableitung der steuerlichen Risiken mit einem Blick auf Deutschland

Die österreichische Gesetzgebung lehnt sich häufig an der deutschen an. Daher ist auch im Fall einer möglichen Erbschaft- und Vermögensteuer ein Blick über die Grenze lohnenswert. In Deutschland wird Erbe – vergleichbar mit dem alten österreichischen Modell – in verschiedenen Steuerklassen je nach Grad des Verwandtschaftsverhältnisses besteuert und auch die jeweiligen Freibeträge sind gestaffelt von EUR 20.000 für Personen, die mit dem:der Hinterlassenden nicht verwandt oder verschwägert sind, bis zu EUR 500.000 für Ehepartner:innen. Das Vererben von selbst genutzten Immobilien ist unter bestimmten Voraussetzungen gänzlich steuerfrei möglich, ähnlich wie die Übernahme von Betrieben, die z.T. für bis zu 85% bzw. 100% steuerfrei erfolgen kann. Ob die diesbezüglichen Regelungen für eine neue Steuergesetzgebung in Österreich in ähnlicher Form übernommen werden würden, bleibt abzuwarten. Gerade für Personen mit Immobilienbesitz und/oder Unternehmer:innen kann es jedoch lohnend sein, sich schon frühzeitig mit den Gegebenheiten auseinanderzusetzen, da einige Bedingungen lange Fristen beinhalten. 
 

Deutsche Erbersatzsteuer bei Stiftungen

Eine Besonderheit der deutschen Erbschaftsteuer stellt die deutsche Erbersatzsteuer in Bezug auf Stiftungen - sofern diese im Wesentlichen im Interesse einer Familie („Familienstiftung“) errichtet wurden - dar. Hierbei wird alle 30 Jahre ein Erbfall fingiert, was mit dem Anfall von Erbschaftsteuer einher geht. Ein vergleichbares Vorgehen wäre auch für Österreich grundsätzlich denkbar, wo aktuell noch keine vergleichbare Steuer eingehoben wird. Für das österreichische Stiftungswesen wäre dies, insbesondere mit Hinblick auf den Erhalt von Familienunternehmen mittels einer Privatstiftung, natürlich sehr nachteilig.

Mögliche Gestaltungsvarianten für die Vermögensnachfolge 

Die grundlegende Entscheidung, wie eine Vermögensnachfolge idealerweise strukturiert wird, hängt davon ab, ob es sich um reines Privatvermögen handelt oder ob (auch) ein Unternehmen vorhanden ist. Bei sehr vielen unserer Kund:innen trifft Letzteres zu. 

Zu Beginn des Nachfolgeprozesses in Unternehmen stehen nicht steuerliche und rechtliche Fragen, sondern die Anliegen der Unternehmerfamilie im Vordergrund. Es geht darum, herauszufinden, was der:die Unternehmer:in als zentral für die Nachfolge ansieht und ob bzw. wie sich Familienmitglieder einbringen möchten. Oftmals übernimmt eines der Kinder bzw. mehrere Kinder gemeinsam das Unternehmen oder sie haben einen anderen Karriereweg eingeschlagen, möchten aber z.B. im Rahmen einer Beirats- oder Aufsichtsratsfunktion die Geschicke des Unternehmens mitlenken. Sobald klar ist, was die Familie wünscht, sind Überlegungen für geeignete rechtliche Rahmenbedingungen anzustellen.

Gründung einer Familienholding

Es besteht z.B. die Möglichkeit, das generationenübergreifende Vermögen im Rahmen der Gründung einer Familienholding unter Beteiligung diverser Familienmitglieder in einer Gesellschaft zu bündeln. Gesellschaften sind im Vergleich zu österreichischen Privatstiftungen flexibler in ihrer Ausgestaltung und erlauben mehr Gestaltungsspielraum wie z.B. die Einräumung eines Fruchtgenussrechts bzw. Dividendenvorbehalts bei der Übertragung an eine:n Nachfolger:in. 

Gründung einer Privatstiftung 

Einen größeren bzw. langfristigeren Sicherungseffekt und noch mehr Stabilität bietet eine Privatstiftung: Auch nach dem Tod des:der Stifter:in lebt dessen:deren Wille durch eine Privatstiftung weiter und kann von den Nachfolgegenerationen fortgeführt werden. Neben dem langfristigen und zweckgebundenen Schutz des Vermögens kann mit einer Privatstiftung auch die Versorgung der Familie als Begünstigte, einer sog. „Familienstiftung“, nachhaltig sichergestellt werden. Weiters eignet sich eine Privat- bzw. Familienstiftung durchaus auch als Spitze einer Unternehmensgruppe. In der Praxis wird eine derartige Struktur oftmals mit sogenannten “Golden Shares” zum Erhalt der Stimmrechte der Familienmitglieder (nach einer Übertragung an die Privatstiftung) kombiniert. “Golden Shares” sind mit speziellen Rechten ausgestattete Anteile an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden und die einen Einfluss der Familie auf die künftige Ausgestaltung des Unternehmens sicherstellen.

Auf den Punkt gebracht

Die mögliche Wiedereinführung einer Erbschafts- bzw. Vermögensteuer ist vom Wahlergebnis 2024 und den daran anschließenden Koalitionsverhandlungen abhängig. Eine rückwirkende Einführung einer Erbschafts- bzw. Vermögensteuer ist gegenwärtig grundsätzlich nicht vorgesehen und aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nur in besonderen Konstellationen denkbar. Unabhängig davon lohnt es sich in jedem Fall, das Thema Vermögensnachfolge oder Nachfolge im Unternehmen rechtzeitig und strukturiert anzugehen, um die jeweils individuell beste Lösung zu finden. Die politische Diskussion kann als Anlass gesehen werden, sich mit etwaigen Handlungsschritten zur Nachfolgeregelung auseinanderzusetzen – je früher desto besser!

Florian Meindl, MSc LL.M., ist Steuerberater und Partner bei BDO. Er ist Spezialist für Privatstiftungen und Private Clients und berät zahlreiche mittelständische Unternehmen. 
Manfred Mauk, MSc, ist ebenfalls Steuerberater und Senior Manager bei BDO. Sein Fokus liegt auf der Beratung von Privatstiftungen und Private Clients sowie grenzüberschreitender Vermögensstrukturierung.