Ende Dezember 2021 hat die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag präsentiert, der Maßnahmen zur Bekämpfung von missbräuchlicher Nutzung von Briefkastenfirmen für Steuerzwecke enthält. Damit sollen die nationalen Steuerbehörden einfacher feststellen können, ob Firmen lediglich auf dem Papier bestehen. Für die betroffenen Unternehmen bestehen künftig neue steuerliche Aufzeichnungspflichten und der Anspruch auf gewisse Steuervergünstigungen entfällt.
Aufbau und Inhalt des Richtlinienvorschlages
Unter dem Titel „Unshell“ werden mit den vorgeschlagenen Maßnahmen neue Transparenzstandards für die Nutzung von Briefkastenfirmen festgelegt. Konkret soll durch eine Art Filtersystem festgestellt werden, welche Unternehmen in den Mitgliedsstaaten die definierten Mindestanforderungen an Substanz nicht erfüllen können. Als Indikatoren dienen hier die Art des Einkommens, das Vorliegen einer grenzüberschreitenden Tätigkeit und die Zusammensetzung des Managements. Erfüllt ein Unternehmen alle drei Indikatoren, muss es den Steuerbehörden jährlich im Rahmen seiner Steuererklärung zusätzliche Informationen übermitteln, die sich beispielsweise auf die Räumlichkeiten des Unternehmens, seine Bankkonten und die steuerliche Ansässigkeit seiner Geschäftsführer:innen und der Beschäftigten beziehen. Anhand dieser Informationen erfolgt anschließend die eigentliche Beurteilung, ob es sich um ein Briefkastenunternehmen handelt.
Steuerliche Konsequenzen für Briefkastenfirmen
Wurde festgestellt, dass ein Unternehmen als Briefkastenfirma i.S.d. Richtlinie anzusehen ist, hat dies weitreichende steuerliche Konsequenzen. So kann das Unternehmen künftig keinerlei Steuererleichterungen oder Vorteile der Doppelbesteuerungsabkommen seines Ansässigkeitsstaates in Anspruch nehmen und/oder kommt nicht für eine Behandlung gemäß der Mutter-Tochter-Richtlinie und der Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren infrage. Um dies zu gewährleisten, werden die Steuerbehörden des Sitzstaates der Briefkastenfirma ermächtigt, die Ausstellung des Nachweises über deren steuerlichen Wohnsitz zu verweigern oder darauf explizit zu vermerken, dass es sich um eine Briefkastenfirma handelt.
Zahlungen, die über Briefkastenfirmen an Drittländer fließen, werden künftig so behandelt, als würden sie nicht über die Briefkastenfirma abgewickelt, und unterliegen der Quellensteuer auf der Ebene des Unternehmens, das die Zahlung an die Briefkastenfirma ursprünglich getätigt hat. Analog kommt es bei eingehenden Zahlungen zur Besteuerung im Staat der Anteilseigner:innen der Briefkastenfirma. Konsequenzen ergeben sich auch für Briefkastenfirmen, die Immobilien für die private Nutzung durch wohlhabende Einzelpersonen halten. Diese Vermögenswerte werden künftig von dem Staat, in dem sich die Vermögenswerte befinden, so besteuert, als ob diese direktes Eigentum der Einzelperson wären.
Als weitere Maßnahme wird der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten ausgebaut, insbesondere können die Mitgliedstaaten künftig einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, bei einem Unternehmen, das im ersuchten Mitgliedstaat steuererklärungspflichtig ist, eine Außenprüfung vorzunehmen und innerhalb einer angemessenen Frist das Ergebnis dieser Prüfung mitzuteilen.
Ausblick
Voraussichtlich wird die Richtlinie nach Annahme durch die Mitgliedsstaaten am 1.1.2024 in Kraft treten. Da der vorliegende Entwurf vorerst jedoch nur den Umgang mit im Unionsgebiet ansässigen Gesellschaften regelt, wird die Kommission zeitnah eine weitere Initiative präsentieren, um den Herausforderungen in Zusammenhang mit Briefkastenfirmen außerhalb der EU zu begegnen. Zusätzlich soll im Laufe des Jahres ein Vorschlag zur Förderung von Transparenz veröffentlicht werden, der bestimmte multinationale Großkonzerne dazu verpflichtet, ihre effektiven Steuersätze offenzulegen. Weitere Änderung der EU-Amtshilferichtlinie (DAC8), die den nationalen Steuerverwaltungen die nötigen Informationen für den Umgang mit Kryptowährungen geben soll, sind ebenfalls geplant.
Autor:
Thomas Ruckensteiner
thomas.ruckensteiner@bdo.at
+43 5 70 375 - 1624
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