In den letzten Jahren hat kaum ein Thema den öffentlichen Diskurs so sehr dominiert wie die Nachhaltigkeit. Immer wieder erreichen uns neue Schreckensmeldungen über schmelzende Pole oder den Verlust von Biodiversität, sowie Enthüllungsberichte über soziale Ungleichheit und Armut. Initiativen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion versuchen durch öffentliche Aktionen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit noch stärker auf das Thema zu lenken und einen grünen Wandel zu initiieren. Wenn nicht ebendiese Aktivisten die Nachrichten dominieren, so sind es immer öfter hochrangige Politiker, auf nationaler und internationaler Ebene, die Nachhaltigkeit zu ihrer Top-Priorität erklärt haben und ehrgeizige Ziele in diesem Bereich anstreben. Die EU und Österreich bilden dabei keine Ausnahme und wollen mit dem Green Deal und der angestrebten Klimaneutralität bis 2040 als globale Spitzenreiter vorangehen.
Eines ist klar - das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wandels nimmt auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu und hat bereits die Mehrheit der Rathäuser und Gemeindeämter erreicht. Doch gesteigertes Bewusstsein ist nur das erste Etappenziel auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft. Lösungen müssen erarbeitet und politische Initiativen auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Diese Umsetzung kann nur gelingen, wenn Klarheit über Nachhaltigkeit und mögliche Ansätze zur nachhaltigen Entwicklung herrscht. In diesem Sinne stellen sich vielen Gemeinden nach wie vor folgende Fragen: Was genau versteht man unter Nachhaltigkeit? Wie kann das Thema Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene angegangen werden? Wie finanziert man das grüne Unterfangen?
Was bedeutet „Nachhaltigkeit“?
Wer nachhaltig handeln will, muss Nachhaltigkeit verstehen! So paradox es auch klingen mag - obwohl das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde ist, versteht nicht jeder wofür Nachhaltigkeit genau steht. Häufig sind Orientierungs- und Analyseschwierigkeiten die Folge, die Initiativen unkoordiniert und wirkungslos erscheinen lassen. Obwohl nicht die eine, wahre Definition von Nachhaltigkeit existiert verstehen viele Nachhaltigkeit als die bewusste Nutzung von Ressourcen, sowohl ökonomischer, ökologischer und sozialer Natur, um deren langfristiges Bestehen zu sichern. Aus dieser Definition lassen sich vor allem 3 Schlüsseldimensionen ableiten:
- Die Ökonomie - beschreibt das Bewusstsein für einen langfristigen, wirtschaftlichen Fortbestand
- Die Ökologie - beleuchtet den gewissenhaften Umgang mit knappen ökologischen Ressourcen
- Das Soziale - unterstreicht die Notwendigkeit eine sozial-gerechte Zukunft für alle zu fördern
Um den Wandel zu einer ganzheitlich nachhaltigen Gesellschaft zu meistern, ist es notwendig alle drei Dimensionen und die relevanten Zielsetzungen in Einklang zu bringen. Dabei sollten Entscheidungen aus diesen 3 Sichtweisen evaluiert und optimale Lösungen sowohl die ökonomische, die ökologische und die soziale Entwicklung vorantreiben.
Hilft diese Definition Klarheit auf persönlicher Ebene zu schaffen, so ist sie doch zu vage, um konkrete Kriterien zu definieren, was als nachhaltig gilt und was eben nicht. Dabei würden ebendiese Kriterien auf kommunaler Ebene helfen, nachhaltige Förderungen zu verstehen und die richtigen Schritte zu setzen. Hier können Gemeinden und Städte von der Unterstützung der EU profitieren, die in ihrer Taxonomie Verordnung klare, europaweite Kriterien für Nachhaltigkeit etabliert. So kann ein klares Verständnis von wünschenswertem und nicht-wünschenswertem Verhalten geschaffen und Kriterien für Ausschreibungen und Regulierungen auf kommunaler Ebene definiert werden.
Wie können nachhaltige Visionen auf kommunaler Ebene umgesetzt werden?
Nun da ein grundlegendes Verständnis für Nachhaltigkeit geschaffen wurde, geht es an die Umsetzung. Es sollen gezielte Schritte gesetzt und Lösungen gefunden werden, um Nachhaltigkeit auf regionaler und lokaler Ebene zu fördern und ambitionierte, politische Ziele umzusetzen. In einem ersten Schritt können interne Nachhaltigkeitsinitiativen helfen Bewusstsein zu schaffen und Mitarbeiter für Nachhaltigkeit zu begeistern. Abteilungsübergreifende Strukturen ermöglichen, das sonst auf gewisse Ressorts beschränkte Thema zu verbreiten und seine Relevanz in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zu betonen. Durch dieses gestärkte Bewusstsein kann auf längere Sicht Nachhaltigkeit als Kriterium in sämtlichen Entscheidungsprozessen des öffentlichen Sektors etabliert werden und die Gemeinde als Vorbild für den Rest der Gesellschaft agieren.
Jedoch ist dies nur ein Teil der benötigten Initiativen, um Regionen in eine nachhaltige Zukunft zu führen. Die Mehrheit der Gemeinden haben dies bereits begriffen und sind dabei erste, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Um diese bestehenden Anstrengungen erfolgreich in lokalen Nachhaltigkeitsstrategien zusammenzufassen, sollte eine Bestandsanalyse derzeitiger Aktivitäten die Grundlage für weitere Schritte bilden. Daran anknüpfend werden Zielsetzungen identifiziert und individuelle Tätigkeitsschwerpunkte erarbeitet. Auf Basis dieses strategischen Grundgerüsts können anschließend Maßnahmen entwickelt werden, welche sich einerseits an traditionellen, politischen Hebeln und Instrumenten, wie Subventionen, Förderungen, Regelungen zur öffentlichen Beschaffung, etc. orientieren. Anderseits sind auch innovative Lösungsansätze, die unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung erarbeitet werden, zielführend.
Speziell bei diesem letzten Schritt, der Entwicklung effektiver Maßnahmen, kann die europäische Gemeinschaft österreichische Gemeinden unterstützen. Die EU bietet dabei eine Plattform, über die sich Regionen und Gemeinden europaweit vernetzen können, um nachhaltige Verbesserungsvorschläge und innovative Lösungen zu teilen. So können Best-Practice Beispiele gesammelt und erprobte Methoden europaweit verbreitet werden. Hier gilt: Nachhaltigkeit ist sowohl ein globales wie auch ein kommunales Thema. Nur durch Kooperation auf allen Ebenen, kann ein Wandel vollzogen und ambitionierte Nachhaltigkeitsziele umgesetzt werden.
Wer finanziert nachhaltige Initiativen?
Nachhaltig kann nur der sein, der es sich leisten kann – dieses Vorurteil kursiert schon seit mehreren Jahren innerhalb des öffentlichen Sektors. Dabei ist die Zahl der Finanzierungsmöglichkeiten für nachhaltige Initiativen in den letzten Jahren rapide gestiegen. Wo man auch hinschaut, die finanzielle Unterstützung für Nachhaltigkeit wächst, sowohl von öffentlicher als auch privatwirtschaftlicher Seite. Daher ist es umso wichtiger, die Möglichkeiten zu kennen und auch zu nutzen. Als eines der vielen Beispiele dient der im Rahmen des Green Deals von der EU eingerichtete „Fonds für einen gerechten Übergang“, wodurch Regionen, die durch den nachhaltigen Wandel besonders gefordert sind, unterstützt werden sollen. Zusätzlich wird unter anderem die „European Investment Bank“ (EIB) als Klimabank positioniert, welche Darlehen an den öffentlichen Sektor für nachhaltige Haushaltsplanung und Beschaffung vergeben soll. Die Finanzierungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Strategie sind vorhanden, man muss sie nur kennen und ergreifen.
Das Thema Nachhaltigkeit wirkt für viele Gemeinden und Städte auf den ersten Blick relativ komplex. Während auf den höchsten politischen Ebenen ehrgeizige Ziele gesetzt werden, herrscht in Rathäusern und Gemeindeämter oft Unklarheit darüber, wie eine konkrete Umsetzung gelingen kann und welche Schritte auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft zielführend sind. Ist ein klares Bewusstsein und Verständnis innerhalb des öffentlichen Sektors etabliert, bietet eine ganzheitliche und zielgerichtete Nachhaltigkeitsstrategie wohl die beste Möglichkeit, eine strukturierte Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen zu ermöglichen. Wer glaubt österreichische Gemeinden wären dabei auf sich selbst gestellt liegt falsch. Die EU, sowie die europäische Gemeinschaft bieten Unterstützung auf sämtlichen Ebenen – von der Bereitstellung konkreter Nachhaltigkeitskriterien, bis hin zu Finanzierungsmöglichkeiten. Schlussendlich liegt jedoch in der EU-weiten Kooperation und Zusammenarbeit die größte Chance effektive Maßnahmen und Herangehensweisen zu verbreiten und so einen nachhaltigen Wandel erfolgreich umzusetzen.
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